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Französisch in der Wolke


„Stell‘ Dir vor, es ist Unterricht, und keiner schafft‘s hin“ – als Bilanz vieler Homeschooling-Bemühungen, die in den letzten Corona-Wochen an Bildungseinrichtungen unternommen wurden, wäre dies vermutlich zu negativ. Doch selbst mit ihrem kleinen Projekt der Online-Französischkurse spürt auch die VHS Schopfheim, dass das Thema Fernunterricht alles andere als unkompliziert ist. Glücklich darüber, seit einem Jahr endlich über ein freies WLAN in den Kursräumen zu verfügen, fühlte sie sich im Vergleich zu manch anderer kleinen VHS schon einigermaßen modern. Zwar existiert seit gut 2 Jahren eine spezielle digitale Lernplattform speziell für Volkshochschulen – die vhs Cloud -, mit der sowohl on- als auch offline digital gelernt werden kann. Doch so richtig zum Einsatz kam sie an der VHS Schopfheim bisher nicht, da sozusagen der Ernstfall fehlte – zu sehr schätzten Teilnehmende und Lehrkräfte bisher den direkten Kontakt in der Gruppe, und zu groß war für viele die Überwindung, sich mit den vielfältigen Funktionen vertraut zu machen.

Dozentin Myriam Kursawe während des Online-Unterrichts

Die Videokonferenzfunktion Edudip der vhs Cloud erschien im Corona-Shutdown geeignet, um bestehende Französischkurse in kurzer Zeit vom Klassen- ins Wohnzimmer zu verlagern. Während die halbe Welt bereits mit der Konferenzsoftware Zoom tagte, Fitnessübungen mitmachte oder Gitarre lernte, sollte sich in der VHS nun die Cloud bewähren, da schon eine Lizenz vorhanden war und man auch beim Datenschutz kein Risiko eingehen wollte. Die langjährige VHS-Dozentin Myriam Kursawe war sofort bereit, ihre sechs Kurse der Reihe „Französisch Hören und Sprechen“ in die Lernplattform zu bringen und rührte bei ihren 44 Teilnehmern kräftig die Werbetrommel. 36 davon meldeten sich schließlich zu den Online-Kursen an, und eine erste Bilanz nach 3 Kursterminen zeigt: Pioniergeist ist beim „Home-VHSing“ unverzichtbar. Was jüngeren, „digital eingeborenen“ Zeitgenossen als kleiner Schritt erscheinen mag, war für manche der mit 40 Prozent am stärksten vertretenen Altersgruppe der 50 bis 65-Jährigen ein ziemlich großer: Von der Registrierung in der Cloud über die Inbetriebnahme von Mikro und Kamera bis hin zur Kommunikation im eigentlichen Unterricht lauern etliche große und kleine Hürden. Und selbst wenn alle schließlich gut im virtuellen Klassenzimmer angekommen sind und der Unterricht losgehen kann, haben immer noch der Server oder Datenleitungen ein Wörtchen mitzureden. So sollte Myriam Kursawe ihre Teilnehmenden eigentlich immer auf dem Bildschirm sehen, wenn sie sich zu Wort melden, und umgekehrt. Wegen Serverüberlastung fällt diese Möglichkeit manchmal aber aus, und per getipptem Smiley muss dann angezeigt werden, dass man eine Erklärung der Kursleiterin verstanden hat.

Dass die Lehrkraft sich ganz allein um die technische Einbindung aller Teilnehmenden kümmern muss, ist alles andere als ideal, weshalb Myriam Kursawe findet, dass unbedingt ein Administrator notwendig ist. „Bei guter technischer Unterstützung, die ich dieses Mal geleistet habe, sind fast alle Teilnehmenden bereit, den Schritt in die Cloud zu wagen“, sagt sie. „Zum Glück hat mir mein Teilnehmer Harald sehr viel geholfen. Wir waren ein super Team.“ Dass die technische Unterstützung von der VHS geleistet werden müsste, findet auch VHS-Leiterin Katrin Nuiro. „Die Ressourcen dafür sind momentan nicht vorhanden“, bedauert sie. „Umso dankbarer sind wir, wenn Lehrkräfte sich für die vhs Cloud begeistern und wie in diesem Fall viel Herzblut in eine neue Sache stecken. Um das Angebot an Online-Kursen bei der VHS auszuweiten, bräuchten wir für die technische Unterstützung aber eine richtige Lösung.“

Im Online-Unterricht setzt Myriam Kursawe neben dem mündlichen Dialog auch schriftliche Materialien ein, zum Beispiel Folien, in denen die Teilnehmenden am Bildschirm Lösungen markieren können. Auch Gruppenaufgaben sind möglich, für die sich Schüler virtuell aufteilen können. Ein Lied, das bisher im Präsenzunterricht zu Beginn jeder Stunde angehört wurde, wird jetzt per YouTube-Link eingespielt.

„Ich habe durch diese Online-Kurse den Umgang mit der vhs Cloud gelernt und lerne ständig weiter“, sagt Myriam Kursawe, die trotz ihres hohen Aufwands und der starken Auslastung der Cloud ein positives Fazit zieht. „Hausaufgaben und andere Inhalte können digital bereitgestellt werden. Wenn Präsenzkurse wieder möglich sind, können die Texte weiterhin in der Cloud abgeholt werden, das ist praktisch“, merkt die Kursleiterin an. „An diese Art Unterricht habe ich mich jetzt gewöhnt und bin routiniert. Aber die echte Begegnung bevorzuge ich eindeutig“, fasst sie die bisherigen Erfahrungen zusammen.

Auch die Teilnehmenden äußern sich überwiegend positiv, denn sie sind dankbar, dass es überhaupt ein Angebot gibt. „Unter den derzeitigen Bedingungen ist es einen Versuch wert, wenn auch technisch noch sehr verbesserungswürdig“, sagt eine Teilnehmerin. Und eine andere, die von den Online-Möglichkeiten an sich fasziniert ist, bedauert gleichwohl die Einschränkungen im Unterricht selbst: „Es ist weniger lebendig, weil man sehr diszipliniert sein muss. Wenn mehr als einer spricht, versteht man nichts mehr.“ Und schließlich lobt eine dritte Dame nicht nur das Engagement der Dozentin und der VHS, sondern freut sich auch, „dass das Erlernte immerhin nicht brach liegt.“ Zunächst auf fünf Termine begrenzt, können die digitalen Französischkurse für bereits angemeldete Teilnehmende mit weiteren Terminen bis zu den Sommerferien fortgeführt werden.